Rechtsprechung Mai 2024 – Abbe-Institut für Stiftungswesen (2024)

Table of Contents
Zum Zweckbetrieb “Krankenhaus” im Sinne der Abgabenordnung Tätigkeit im Vereinsumfeld als Einbürgerungshindernis Streitwert bei Vereinsverbot Privilegierung von Lärmimmissionen am Basketballplatz Rechtsmissbräuchliche Ausübung des Gesellschafterinformationsrechts – Hannover 96 Strittige Verteilung von staatlichen Fördermitteln zwischen dem Landesverband einer Glaubensgemeinschaft und seinen Untergliederungen sind rein innerkirchliche Angelegenheiten Erfolgloses Eilverfahren gegen Teilabbrucherlaubnis einer historischen Radrennbahn Nichtbeschäftigung als Eishockeyspieler Sicherstellungsbescheid über Räumlichkeiten eines verbotenen Vereins Förderung von Vereinen stellt keine Meinungsäußerung dar Sicherstellung nach Vereinsverbot Zu den Fußball-Spielervermittlungen der FIFA Betretungs- und Aufenthaltsverbote sowie Meldeauflagen gegen Mitglied der Ultra-Szene-Fußball Keine Gebührenbefreiung für Diakonie von den Baugenehmigungsgebühren Keine Kostenbefreiung eines gemeinnützigen Kommunalanstalt öffentlichen Rechts als Trägerin eines Kliniku*ms in Baden-Württemberg Strittige Verteilung von staatlichen Fördermitteln zwischen dem Landesverband einer Glaubensgemeinschaft und seinen Untergliederungen sind rein innerkirchliche Angelegenheiten Betriebliche Jubiläumsfeier: Verspätete Pauschalversteuerung ist sozialversicherungspflichtig Qualifizierter Grundrechtseingriff als Voraussetzung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses in den Fällen sich typischerweise kurzfristig erledigender Maßnahmen – Kurzes Aufenthaltsverbot für Fußball-Ultra Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans für die Erweiterung des Rhein-Energie-Sportparks muss erneut geprüft werden (1. FC Köln) Finanzministerium muss keine weiteren Dokumente zu Attac offenlegen

Zum Zweckbetrieb “Krankenhaus” im Sinne der Abgabenordnung

BFH, Urt. v. 14.12.2023 – V R 2/21 (FG Münster, Urt. v. 13.1.2021 – 13 K 365/17 K,G,F)

Amtlicher Leitsatz:

Einnahmen eines Krankenhauses aus der Personal- und Sachmittelgestellung an nach § SGB_V § 116 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ermächtigte Ärzte – und demgemäß die diesen Einnahmen zuzuordnenden Ausgaben – hängen nicht mit dem Zweckbetrieb “Krankenhaus” (§ 67 Abs. 1 AO) zusammen, sondern gehören zu den Besteuerungsgrundlagen, die einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind (§ 64 Abs. 1 AO; teilweise Parallelentscheidung zum Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14.12.2023 – V R 28/21, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt).

Tätigkeit im Vereinsumfeld als Einbürgerungshindernis

VG Bremen, Urt. v. 6.2.2024 – 4 K 40/23

Amtlicher Leitsatz:

Zur Frage der Verwirklichung des Ausschlusstatbestandes des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG durch die wiederholte Ermöglichung und Anmeldung von Demonstrationen einer Vereinigung, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtete Bestrebungen verfolgt.

Redaktioneller Leitsatz:

Die Teilnahme an und das sich zur Verfügung stellen als Kontaktperson und Veranstaltungsleiter bei Versammlungen eines e.V., der eine nach Vereinsrecht verbotene Vereinigung fördert, sind tatsächliche Anhaltspunkte, die die Annahme nach § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG rechtfertigen. Durch solch ein umfassendes Engagement als Kontaktperson wird die innere Verbundenheit zum Verein zum Ausdruck gebracht. Auf die Stellung als Mitglied kommt es in diesen Fällen nicht mehr an.

Streitwert bei Vereinsverbot

BVerwG, Beschl. v. 8.2.2024 – 6 KSt 1.24

Redaktionelle Leitsätze:

  1. Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Die Bedeutung der Sache einer Klage des Vereins gegen die ihn betreffende Verbotsverfügung ergibt sich aus dem damit verbundenen Ziel, die Vereinstätigkeit fortführen zu wollen. Die sich daraus ergebende Bedeutung der Sache bemisst nicht nach dem wirtschaftlichen Wert des im Zusammenhang mit dem Vereinsverbot beschlagnahmten Vereinsvermögens, sondern nach demjenigen Wert, der für solche Verfahren in der jeweils geltenden Fassung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit festgelegt ist.
  2. Gegenwärtig ist für die Klage eines Vereins gegen ein vom Bundesministerium des Innern erlassenes Vereinsverbot nach Ziff. 45.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 pauschal ein Streitwert von 30.000 € festzusetzen.

Privilegierung von Lärmimmissionen am Basketballplatz

VG Karlsruhe, Urt. v. 21.2.2024 – 2 K 1263/23

Amtlicher Leitsatz:

Die Nutzung von Ballspielplätzen auch durch Begleitpersonen der Kinder ist – auch hinsichtlich etwaiger Aufsichtsplichten – eine mit Blick auf das Kindesalter notwendige Nebenfolge der Nutzung durch diese, ist dieser daher auch zuzurechnen und ändert infolgedessen nichts an der Anwendbarkeit des § 22 Abs. 1a BImSchG.

Rechtsmissbräuchliche Ausübung des Gesellschafterinformationsrechts – Hannover 96

LG Hannover, Beschl. v. 21.2.2024 – 23 O 4/24

Redaktionelle Leitsätze:

  1. Grundsätzlich hat der Gesellschafter nach der zwingenden Vorschrift des § 51 a GmbHG ein umfassendes Informationsrecht bezüglich der Angelegenheiten der Gesellschaft, worunter auch die beabsichtigte Geschäftspolitik und Beziehungen zu Dritten gehören. Bei der GmbH & Co. KG umfassen die Angelegenheiten der Komplementär-GmbH auch die Angelegenheiten der von dieser geführten KG. Eine Begrenzung des Informationsrechts nach den Kriterien der objektiven Bedeutung, der Relevanz oder des Interesses für die GmbH erfolgt nicht. Nichts Anderes gilt für die GmbH & Co. KGaA.
  2. Ein Auskunftsbegehren darf allerdings nicht gegen Treu und Glauben, insbesondere nicht rechtsmissbräuchlich oder schikanös (§ 242 BGB) ausgeübt werden. Ein Informationsverlangen ist etwa dann unzulässig, wenn der Gesellschafter die erstrebten Kenntnisse zur sachgerechten Ausübung seiner mitgliedschaftlichen Rechte nicht benötigt.
  3. Vorliegend ist das Auskunftsbegehren unzulässig. Die nicht zweckentsprechende Wahrnehmung des Auskunftsrechts durch den Antragsteller ergibt sich aus der vom Antragsteller beabsichtigten Umgehung der Ausgestaltung der Abstimmung über den Einstieg eines Investors als geheim durch die DFL, ohne aufzuzeigen, wie er in Ansehung seiner über 20.000 Mitglieder, die Veröffentlichung des Inhalts der Stellungnahme der Antragsgegnerin in allen Details in Presseorganen verhindern will. Zudem wäre der Antragsteller auch bei einer weisungswidrigen Abstimmung durch den Geschäftsführer der Antragsgegnerin aufgrund der Satzungsregelungen nicht in der Lage daraus Konsequenzen zu ziehen, weil danach über die Abberufung des Geschäftsführers der Aufsichtsrat entscheidet, sodass der Antragsteller die erstrebten Kenntnisse zur sachgerechten Ausübung seiner mitgliedschaftlichen Rechte nicht benötigt.
  4. Geheimhaltungsabreden können Informationserteilungen unzumutbar machen, ohne dass es der Voraussetzung und des Gesellschafterbeschlusses nach § 51 a Abs. 2 GmbHG bedarf.

Strittige Verteilung von staatlichen Fördermitteln zwischen dem Landesverband einer Glaubensgemeinschaft und seinen Untergliederungen sind rein innerkirchliche Angelegenheiten

VG Bayreuth, Beschl. v. 26.2.2024 – B 7 K 22.714

Redaktioneller Leitsätze:

  1. Die rechtliche Beziehung zwischen einem Verband einer Glaubensgemeinde und den Mitgliedern ist nicht (allein) durch die allgemeinen Regeln des Zivilrechts und/oder öffentlichen Rechts geprägt, sondern (auch) durch ihre verbandsrechtliche Sonderverbindung.
  2. Zwar handelt es sich um eine Beleihung, wenn der Staat die Aufgabe der Mittelverteilung an einen Landesverband der geförderten Religionsgemeinschaften delegiert – um einen Akt der Beleihung mit der Folge, dass die für den Staat selbst bestehenden verfassungsrechtlichen Bindungen auch für die beauftragte Organisation gelten. Grund hierfür ist jedoch eine strukturelle Vergleichbarkeit mit dem Verhältnis von Staat zu Bürger. An einer solchen Vergleichbarkeit fehlt es aber bei einem Verhältnis zwischen Landesverband und seinen Untergliederungen.
  3. Ein solcher Streit ist daher ein Streit über innerkirchliche Angelegenheiten iSd. Art. 2 Abs. 1 S. 1 BayVwVfG.

Erfolgloses Eilverfahren gegen Teilabbrucherlaubnis einer historischen Radrennbahn

VG Ansbach, Beschl. v. 28.2.2024 – AN 9 S 23.2188

Redaktionelle Leitsätze:

  1. Denkmalschutzvereinigungen sind Umweltschutzvereinigungen iSd. § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UmwRG. Der Schutz des kulturellen Erbes ist vom Umweltbegriff erfasst. Ein Bezug zur natürlichen Umwelt ist nicht erforderlich.
  2. Ob in einem von einer Denkmalschutzvereinigung forcierten Eilrechtsverfahren neben der Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache nachrangig eine Interessenabwägung zu erfolgen hat, die das öffentliches Interesse am Erhalt des Denkmals mit einem etwaigen privaten Interesse der anderen Beteiligten an der sofort vollziehbaren Umsetzung abwägt, kann vorliegend dahingestellt bleiben.

Nichtbeschäftigung als Eishockeyspieler

BAG, Urt. v. 29.2.2024 – 8 AZR 359/22 (LAG Sachsen, Urt. v. 1.7.2022 – 4 Sa 45/22; ArbG Dresden, Urt. v. 4.11.2021 – 11 Ca 588/21)

Amtliche Leitsätze:

Die für den Bereich der Bühnenkünstler entwickelte Rechtsprechung zum pauschalierten Schadensersatz von bis zu sechs Monatsgagen pro Spielzeit bei einer Verletzung des Beschäftigungsanspruchs kann nicht auf den Profimannschaftssport übertragen werden.

Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG:

  1. Im bestehenden Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung aus § 611a Abs. 1 Satz 1, § 613 BGB iVm. der Generalklausel des § 242 BGB, die durch die Wertentscheidungen der Art. 1 und 2 GG ausgefüllt wird (Rn. 12).
  2. Der Beschäftigungsanspruch eines Profimannschaftssportlers umfasst die Teilnahme am Mannschaftstraining. Dagegen haben mannschaftsangehörige Berufssportler regelmäßig keinen Anspruch auf einen Spieleinsatz (Rn. 13, 28).
  3. Verletzt ein Arbeitgeber den auf Teilnahme am Mannschaftstraining gerichteten Beschäftigungsanspruch eines Profimannschaftssportlers, kann dies einen Anspruch aus § 280 Abs. 1, §§ 249 ff. BGB auf Ersatz des dadurch entstandenen Schadens begründen (Rn. 10 ff.).
  4. Der Schaden, der einem Profimannschaftssportler infolge seines Ausschlusses vom Mannschaftstraining entsteht, ist nach den allgemeinen Regeln gemäß § 252 BGB und § 287 ZPO zu bestimmen. Dazu bedarf es des Vortrags greifbarer Anknüpfungstatsachen für eine Schätzung des Schadens nach § 287 ZPO (Rn. 24 ff.).
  5. Schadensersatzansprüche von Profimannschaftssportlern wegen Verletzung ihres Beschäftigungsanspruchs sind nicht in Anlehnung an die Rechtsprechung für Bühnenkünstler in stark pauschalierender Anwendung von § 287 ZPO für jede Saison auf sechs Bruttomonatsvergütungen oder einen Bruchteil davon festzusetzen (Rn. 24 ff.).

Sicherstellungsbescheid über Räumlichkeiten eines verbotenen Vereins

OVG Greifswald, Beschl. v. 6.3.2024 – 1 M 12/24 OVG (VG Greifswald, Beschl. v. 29.11.2023 – 2 B 1849/23 HGW)

Amtliche Leitsätze:

Sicherstellungsbescheid über Räumlichkeiten des verbotenen Vereins “H. Deutschland”, hier Garage mit Bartresen und “Herrenzimmer” als Vereinsheim.

Redaktioneller Leitsatz:

Nach § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, der Gründe darlegt, aus denen sich ergibt, weshalb die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und die sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Vorbringen von nicht überzeugenden Sachverhaltsdarstellung erfüllt die Begründungsanforderungen nicht.

Förderung von Vereinen stellt keine Meinungsäußerung dar

KG, Urt. v. 7.3.2024 – 10 U 87/22 (LG Berlin II, Urt. v. 28.04.2022 – 27 O 74/22)

Amtlicher Leitsatz:

Meinungsäußerungen in Bezug auf die politische Haltung einer Person können nach einer Abwägung als unzulässig anzusehen sein, wenn es – gemessen an ihrer Eingriffsintensität – keine hinreichenden tatsächlichen Anknüpfungspunkte gibt.

Redaktionelle Leitsätze:

  1. Die Angabe einer c/o-Anschrift, welche die Anschrift einer Gesellschaft ist, bei der die Partei Mitgeschäftsführer ist, kann einen ordnungsgemäßen Ablauf des gerichtlichen Verfahrens sicherstellen und damit § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO genügen.
  2. Allein ein allgemeines und abstraktes „unterstützen“ des Vereins „Keren Hayesod Vereinigte Israel Aktion e.V.“ rechtfertigt nicht die Bezeichnung als „rassistischer Islamhasser“.

Sicherstellung nach Vereinsverbot

VG Potsdam, Urt. v. 12.3.2024 – 3 K 2041/18

Redaktionelle Leitsätze:

  1. Der Vermögensbegriff des § 3 Abs. 1 S. 2 VereinsG ist mit der hM. weit auszulegen. Danach ist das Vereinsvermögen im Interesse der Effektivität der Gefahrenabwehr und insbesondere der Bekämpfung der Vermögenstarnung nicht im eigentumsrechtlichen, sondern im wirtschaftlichen Sinne und damit weit zu verstehen. Zum Vereinsvermögen gehören danach die Forderungen und Rechte, deren Inhaber der Verein ist, sowie die beweglichen und unbeweglichen Sachen, die im Eigentum des Vereins stehen oder die der Verein einem Dritten zu treuen Händen übertragen bzw. die ein Dritter als Treuhänder für den Verein erworben hat (vgl. § 10 Abs. 1 S. 3 und § 11 Abs. 1 S. 2 VereinsG). Darüber hinaus zählt die Gesamtheit der Vermögenswerte dazu, derer sich der Verein im wirtschaftlichen Sinne während seines Bestehens zur Erreichung seiner Zwecke tatsächlich bedient hat oder bedienen wollte und deren Einsatz im Wesentlichen von seinem Willen oder dem Willen der Vereinsführung abhing. Insoweit sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Bei Sachen kommt es in der Regel nicht auf das rechtliche Verhältnis, sondern auf das tatsächliche Herrschaftsverhältnis im Sinne eines Vereinsgewahrsams an.
  2. Ein Motorrad, das zwar im Eigentum eines Organwalters des Vorstands steht, aber den strafrechtswidrigen Zwecken des Vereins bestimmt ist, ist Vereinsvermögen.

Zu den Fußball-Spielervermittlungen der FIFA

OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.3.2024 – VI-U (Kart) 2/23 [FIFA-Fußball-Spielervermittler-Reglements II] (LG Dortmund, Urt. v. 24.05.2023 – 8 O 1/23 (Kart) siehe Rechtsprechungsüberblick Juni 2023)

Redaktionelle Leitsätze:

  1. Die im DFB mittelbar zusammengeschlossenen Fußballvereine sind Unternehmen, da der Fußball sich für sie in erster Linie als eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Der DFB ist als deren nationaler Dachverband daher iRd. § 1 GWB, Art. 101 Abs. 1 AEUV eine Unternehmensvereinigung.
  2. Da die nationalen Dachverbände Unternehmensvereinigungen und – wegen der von ihnen ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten durch Veranstaltung von Wettkämpfen – zugleich Unternehmen sind, stellt auch die FIFA, in der die nationalen Dachverbände zusammengeschlossen sind, eine Unternehmensvereinigung dar.
  3. Die Neuregelung der Transfergebühren und deren Übertragung in das nationale Verbandsrecht binden alle der FIFA mittelbar über die nationalen Verbände zugehörigen Nachfrager von Spielervermittlungsdienstleistungen, nämlich Fußballspieler und -vereine, im Hinblick auf ihr künftiges Marktverhalten und schränken damit deren wirtschaftliche Handlungsfreiheit ein. Gleichzeitig schränken diese Regelungen die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Spielervermittler ein. Die Regelungen und ihre Überführung in nationales Verbandsrecht betreffen auch nicht allein den Markt für die Veranstaltung von Sportwettkämpfen und damit interne Verhältnisse der Verfügungsbeklagten, sondern den vorgelagerten Drittmarkt, auf dem auch nichtvereinsgebundene Spielervermittler beteiligt sind.
  4. Ob die Regelungen einen legitimen Zweck dienen, kann offenbleiben, da sie jedenfalls nicht notwendig und nicht verhältnismäßig sind. Es profitieren weder die Spielervermittler als unmittelbare Marktgegenseite von den verfahrensbetroffenen Regelungen und ihrer Überführung in nationales Verbandsrecht für nationale Sachverhalten noch ist substantiiert vorgetragen oder sonst ersichtlich, inwieweit diese für andere Verbraucher, etwa für die Fans und Unterstützer, vorteilhaft sein sollen. Mögliche Effizienzgewinne, die nur für die Kartellbeteiligten – wie Spieler, Vereine und Verbände – vorteilhaft sind, sind von § 2 GWB, Art. 101 Abs. 3 AEUV nicht erfasst.
  5. Der Schiedsspruch des CAS bindet die staatlichen Gerichte nicht. Ob der Schiedsspruch an Verfahrensmängeln leidet, ist daher unerheblich.
  6. Der bestehende Unterlassungsanspruch aus § 33 Abs. 1 und Abs. 2 GWB beschränkt sich nicht auf das Gebiet Deutschlands oder der Europäischen Union, da sich die Regelungen anderenfalls dennoch auf den Binnenmarkt auswirken würden.
  7. Danach ist eine Unterlassungsverfügung im Sinne einer Sicherungsverfügung statthaft. Der Auffassung des OLG Koblenz (Beschl. v. 16.03.2023 – W 66/23 Kar), das in einem ähnlich gelagerten einstweiligen Verfügungsverfahren wegen der Befriedigung des Unterlassungsanspruchs für die Geltungsdauer der einstweiligen Verfügung von einer Leistungsverfügung ausgeht, folgt der Senat nicht.

Betretungs- und Aufenthaltsverbote sowie Meldeauflagen gegen Mitglied der Ultra-Szene-Fußball

VGH München, Beschl. v. 20.3.2024 – 10 CS 24.456 (VG Augsburg, Beschl. v. 1.3.2024 – Au 8 S 24.510; VG Augsburg, Beschl. v. 6.3.2024 – Au 8 S 24.532)

Redaktioneller Hinweis:

Die aufschiebende Wirkung der Klage wurde nicht wiederhergestellt. Die Maßnahmen wurden auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3 LStVG gestützt und waren verhältnismäßig iSd. Art. 8 LStVG.

Keine Gebührenbefreiung für Diakonie von den Baugenehmigungsgebühren

VG Potsdam, Urt. v. 20.3.2024 – VG 4 K 2447/20

Redaktionelle Leitsätze:

  1. Ob ein altrechtlicher Verein und rechtlich selbstständiges Werk der Evangelischen Kirche, der Mitglied eines Diakonischen Werks und einem Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege angeschlossen ist, begünstigter Personenkreis der „Kirche und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts“ iRd. § 8 Abs. 1 Nr. 7 GebGBbg ist, kann dahingestellt bleiben, da jedenfalls vorliegend eine Gebührenbefreiung aufgrund der Rückausnahme des § 8 Abs. 2 Nr. 6 GebGBbg ausscheidet.
  2. Die Vorschriften des § 8 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Nr. 6 GebGBbg beschränken die Gebührenfreiheit der Kirchen auf die in § 54 AO angesprochenen typisch kirchlichen Bereiche im engeren Sinne. Da gemäß § 54 nur solche Zwecke als „kirchlich“ angesehen werden können, die dem typisch kirchlichen Bereich im engeren Sinne angehören, d. h. die die Verkündigung bestimmter Glaubenswahrheiten und die Glaubensbetätigung in spezifisch kirchlichen Ausdrucksformen betreffen. Nicht diesem kirchlichen Binnenbereich zuordnen lässt sich insbesondere die Förderung allgemeiner Gemeinwohlbelange, wie gemeinnützige und mildtätige Betätigungen in sozialen, karitativen und kulturellen Aufgabenbereichen, selbst wenn sie von den Kirchen in Vollzug ihres religiösen Selbstverständnisses wahrgenommen werden.
  3. Der Neubau eines Wohngebäudes zur Unterbringung und Pflege volljähriger Menschen mit Behinderungen ist danach keine unmittelbare Durchführung kirchlicher Zwecke.

Keine Kostenbefreiung eines gemeinnützigen Kommunalanstalt öffentlichen Rechts als Trägerin eines Kliniku*ms in Baden-Württemberg

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.3.2024 – 13 W 20/24 (LG Offenburg Beschl. v. 29.1.2024 – 3 O 226/23)

Redaktioneller Leitsatz:

Eine gemeinnützige Kommunalanstalt des öffentlichen Rechts gem. § 102a Abs. 6 GemO, die weder nach Haushaltsplänen des Bundes noch des Landes verwaltet wird, ist nicht gemäß § 2 Abs. 1 GKG und auch nicht nach § 7 Abs. 1 des Landesjustizkostengesetzes Baden-Württemberg (LJKG) von den Gerichtkosten befreit.

Strittige Verteilung von staatlichen Fördermitteln zwischen dem Landesverband einer Glaubensgemeinschaft und seinen Untergliederungen sind rein innerkirchliche Angelegenheiten

OVG Lüneburg, Beschl. v. 29.3.2024 – 4 ME 69/24 (VG Oldenburg Beschl. v. 28.3.2024 – 5 B 969/24, nachfolgend VG Oldenburg Beschl. v. 5.4.2024 – 5 B 969/24)

Amtliche Leitsätze:

  1. Gegen eine verwaltungsgerichtliche Zwischenentscheidung (sog. “Hängebeschluss”) ist gemäß § 146 Abs. 1 VwGO die Beschwerde statthaft (Fortführung der bisherigen Senatsrechtsprechung, vgl. Beschluss vom 5.3.2020 – 4 ME 34/20, juris Rn. 2).
  2. Der Erlass einer solchen Zwischenentscheidung unmittelbar auf der Grundlage von Art. 19 Abs. 4 GG setzt voraus, dass es erstens noch an der Entscheidungsreife im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes fehlt, zweitens der Antrag nach § 80 Abs 5 VwGO oder § 123 VwGO nicht offensichtlich aussichtslos oder rechtsmissbräuchlich ist und drittens zu befürchten ist, dass bis zur Entscheidung im gerichtlichen Eilverfahren unter Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots effektiven Rechtsschutzes vollendete Tatsachen geschaffen werden. Letzteres ist dann anzunehmen, wenn bei einem Vollzug des angegriffenen Verwaltungsakts während der Dauer des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens schwere und unabwendbare Nachteile drohen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.10.2013 – 1 BvR 2616/13, juris Rn. 7; BVerwG, Beschluss vom 12.11.2020 – 4 VR 6.20, juris Rn. 2; Senatsbeschl. v. 5.3.2020 – 4 ME 34/20, juris Rn. 4).
  3. Es kann dahinstehen, ob der Schutz des Art. 19 Abs. 4 GG auch einer nach § 3 UmwRG anerkannten Umwelt- und Naturschutzvereinigung bei der Erhebung einer Verbandsklage zukommt (offen gelassen in BVerfG, Beschluss vom 1.6.2021 – 1 BvR 2374/15, juris Rn. 7). Im Anwendungsbereich des Unionsumweltrechts folgt jedenfalls aus Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Aarhus i.V.m. dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf aus Art. 47 Abs. 1 der EU-Grundrechtscharta, dass eine Umwelt- und Naturschutzvereinigung zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auch den Erlass einer Zwischenverfügung im Sinne eines sog. “Hängebeschlusses” unter den o.g. Voraussetzungen geltend machen kann.

Betriebliche Jubiläumsfeier: Verspätete Pauschalversteuerung ist sozialversicherungspflichtig

BSG, Urt. v. 23.4.2024 – B 12 BA 3/22 R (SG Oldenburg v. 29.01.2020 – S 8 BA 383/18; LSG Niedersachsen-Bremen Urt. v. 24.03.2022 – 12 BA 3/20)

Redaktioneller Leitsatz (nach Pressemitteilung Nr. 15/2024 vom 23.4.2024):

Aufwendungen von mehr als 110 Euro je Beschäftigten für eine betriebliche Jubiläumsfeier sind als geldwerter Vorteil in der Sozialversicherung beitragspflichtig, wenn sie nicht mit der Entgeltabrechnung, sondern erst erheblich später pauschal versteuert werden.

Qualifizierter Grundrechtseingriff als Voraussetzung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses in den Fällen sich typischerweise kurzfristig erledigender Maßnahmen – Kurzes Aufenthaltsverbot für Fußball-Ultra

BVerwG, Urt. v. 24.4.2024 – 6 C 2.22 (BVerwG (8. Senat), Beschl. v. 29.1.2024 – 8 AV 1.24; BVerwG (6. Senat), Beschl. v. 29.11.2023 – 6 C 2.22[Rechtsprechungsüberblick Februar (Teil 2) 2024]; OVG Münster, Urt. v. 7.12.2021 – 5 A 2000/20; BVerwG, Urt. v. 27.1.2021 – 8 C 3.20; OVG Münster, Urt. v. 11.12.2019 – 4 A 738/18; VG Düsseldorf, Urt. v. 15.1.2018 – 29 K 8347/15)

Redaktionelle Leitsätze (nach Pressemitteilung Nr. 22/2024 vom 24.4.2024):

  1. Das als Sachurteilsvoraussetzung der Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts ist in den Fallgruppen der Wiederholungsgefahr, des Rehabilitationsinteresses sowie der Absicht zum Führen eines Schadensersatzprozesses anerkannt. Darüber hinaus kommt in den Fällen der sich typischerweise kurzfristig erledigenden Maßnahmen, in denen eine Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren nur im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage möglich ist, ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse lediglich bei tiefgreifenden Grundrechtseingriffen in Betracht.
  2. Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) kann das berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit zwar auch dann zu bejahen sein, wenn die Klage einen Verwaltungsakt betrifft, der sich – wie das befristete Betretungs- und Aufenthaltsverbot im vorliegenden Fall – typischerweise so kurzfristig erledigt, dass er ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnte. Bei einer typischerweise kurzfristigen Erledigung von Maßnahmen handelt es sich jedoch nicht um eine hinreichende, sondern nur um eine notwendige Voraussetzung für die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses im Sinne dieser weiteren Fallgruppe. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der Verwaltungsakt zu einem qualifizierten Grundrechtseingriff geführt hat.
  3. Bei einem Aufenthalts- und Betretungsverbot, das räumlich auf Teile des Gebiets der Stadt Dortmund und zeitlich auf eine Dauer von zehn Stunden beschränkt ist, wird weder der Schutzbereich des Grundrechts auf Freizügigkeit (Art. 11 GG) noch der der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) berührt. Der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) hat mangels einer gesteigerten, dem Schutzgut der übrigen Grundrechte vergleichbaren Relevanz für die Persönlichkeitsentfaltung des Klägers kein solches Gewicht.

Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans für die Erweiterung des Rhein-Energie-Sportparks muss erneut geprüft werden (1. FC Köln)

BVerwG, Urt. v. 24.4.2024 – 4 CN 2.23, 4 CN 3.23 (OVG Münster, Urt. v. 24.11.2022 – OVG 7 D 277/20.NE, OVG 7 D 2/21.NE)

Redaktionelle Leitsätze (nach Pressemitteilung Nr. 18/2024 vom 24.4.2024):

  1. Ein Bebauungsplan ist eine Zulassungsentscheidung iSv. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a UmwRG und kann daher auch auf Verstöße gegen nicht umweltbezogene Vorschriften überprüft werden (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG).
  2. Unter Berücksichtigung der Vorgaben der Planzeichenverordnung ist eine Festsetzung von öffentlichen Grünflächen mit der Zweckbestimmung “Kleinspielfeld” richtig so auszulegen, dass eine einheitliche Grünfläche mit verschiedenen Zweckbestimmungen festgesetzt ist. Die Versiegelung eines geringfügigen Teils dieser Gesamtfläche ist mit ihrem Charakter als Grünfläche vereinbar.

Finanzministerium muss keine weiteren Dokumente zu Attac offenlegen

OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 29.4.2024 – 12 B 1/23 (Revision zugelassen)

Redaktioneller Hinweis (nach Pressemitteilung Nr. 14/24 vom 29.4.2024):

Das OVG hat die Vorinstanz überwiegend bestätigt. Das Finanzministerium muss danach Einsicht in 7 Dokumente geben, bezüglich eines Dokuments ist nach Antrag ein sogenannten Drittbeteiligungsverfahrens durchzuführen und neu zu bescheiden. Die restlichen Dokumente müssen nicht offengelegt werden.

Rechtsprechung Mai 2024 – Abbe-Institut für Stiftungswesen (2024)
Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Kimberely Baumbach CPA

Last Updated:

Views: 5678

Rating: 4 / 5 (41 voted)

Reviews: 88% of readers found this page helpful

Author information

Name: Kimberely Baumbach CPA

Birthday: 1996-01-14

Address: 8381 Boyce Course, Imeldachester, ND 74681

Phone: +3571286597580

Job: Product Banking Analyst

Hobby: Cosplaying, Inline skating, Amateur radio, Baton twirling, Mountaineering, Flying, Archery

Introduction: My name is Kimberely Baumbach CPA, I am a gorgeous, bright, charming, encouraging, zealous, lively, good person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.